Kultur x Basal + Bildung = Kompetenzen?
Mehr Zeit für Lesen, Schreiben und Rechnen?! Am 8. Oktober hat der Fachtag Basale Kompetenzen und Kulturelle Bildung der Kulturagenten für kreative Schulen Berlin stattgefunden. Über 50 Menschen aus Bildungsverwaltung, Schulen, Kunst und Kultur waren dazu im Labyrinth Kindermuseum Berlin zusammengekommen. Gemeinsam beschäftigten sie sich mit den Fragen: Welche Kompetenzen brauchen Kinder und Jugendliche, um fit für ihre Zukunft zu sein? Und welche Kompetenzen braucht Schule, um sie bestmöglich unterstützen zu können?
Aktuelle Studien und Ergebnisse
Internationale Vergleiche wie PISA-Studien, der OECD oder IGLU sowie nationale Leistungserhebungen wie VERA zeichnen ein besorgniserregendes Bild: Die Fähigkeiten von Schüler:innen in Deutschland haben in den abgefragten Bereichen wie Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften deutlich nachgelassen.
Der bildungspolitische Diskurs wird deshalb aktuell von einer Diskussion um Basiskompetenzen bestimmt. Die Länder reagieren mit entsprechenden Programmen und Ressourcen, um diese in Schulen zu stützen. Aber was sind Basiskompetenzen? Wie lassen sie sich definieren?
Basis Kompetenzen – welche sind das?
Welche Wissensformen brauchen Schüler:innen, um in der Welt von morgen zurechtzukommen? Welche Kompetenzen ermöglichen ihnen heute und in Zukunft gesellschaftliche Teilhabe? Welches Können zählt? Unter dem Schlagwort Basiskompetenzen werden meist Lesen, Rechnen und Schreiben zusammengefasst. Aber sollte die Definition nicht besser alle Kompetenzen umfassen, die Menschen brauchen, um sich in der Welt zurechtfinden und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können? Welche Rolle können ganzheitliche Lernprozesse, wie sie auch in der Kulturellen Bildung angelegt sind, beim Erwerb von basalen Kompetenzen spielen?
In einer Paneldiskussion, verschiedenen Workshops und auch den Pausen diskutierten die Teilnehmenden des Fachtags angeregt, überlegten und beratschlagten, spielten, hörten zu und schrieben schließlich in drei Gruppen, angeleitet von Studierenden der TU Dresden, jeweils ein Manifest zum Thema Kompetenzen für eine Schule der Zukunft.
Basale Kompetenzen und Kulturelle Bildung
Die Teilnehmenden des Fachtags waren sich einig, Kulturelle Bildung ist wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie darf an Schule nicht zu kurz kommen. Die Akteur:innen aller Ebenen müssen deshalb miteinander im Dialog bleiben. Miriam Pech, Schulleiterin der Heinz-Brandt-Schule in Weissensee, betonte: „Es sollte kein Ausspielen der verschiedenen Kompetenzbereiche gegeneinander sein, sondern ein Miteinanderlernen. Sowieso würde ich Kulturelle Bildung nicht als Lernblock verstehen, sondern als Haltung, wie wir Schule gestalten.“
Neben dem Einblick in den bildungspolitischen Diskurs und der Frage, wie Schulen mit Situation und Vorgaben umgehen können, ging es auf dem Fachtag aber auch um Beispiele aus der Praxis, in denen Kulturelle Bildung und das Erlernen von basalen Kompetenzen Hand in Hand gehen.
So berichtete beispielsweise Marius Schönwiese, Fachleiter Mathematik der Herbert-Hoover-Schule aus seiner Zusammenarbeit mit dem Künstler Ingolf Watzlaw, wie künstlerische Praktiken Schüler:innen zum Lernen motivieren können. „Fast alles, was wir in Mathe machen, ist für Kinder erstmal uninteressant. Kunst oder künstlerisches Arbeiten aber ist interessant“, sagte er und ist überzeugt – basale und Problemlösekompetenzen kommen dann nebenbei.
Fachtag Kulturelle Bildung und Basale Kompetenzen – die Paneldiskussion
Das Panel des Fachtags Kulturelle Bildung und Basale Kompetenzen war mir der Formel Bildungbasal + KulturKompetenz = Ende der Welt überschrieben und fragte nach den Perspektiven von verschiedenen Akteur:innen aus Schule sowie Künstler:innen auf die aktuelle gesellschaftliche und bildungspolitische Situation.
Zu Gast waren die folgenden Gesprächspartner:innen: Miriam Pech, Schulleiterin der Heinz-Brandt-Schule in Weissensee, Holger Hänel, Schulleiter der Rosa-Parks-Grundschule in Kreuzberg, Maria Dabow, Künstlerin und Bibliothekarin an der Nürtingen-Grundschule in Kreuzberg, Ingolf Watzlaw, Künstler, Marius Schönwiese, Fachleiter Mathematik der Herbert-Hoover-Schule und João Albertini, Schauspieler, Theaterpädagoge und Kulturvermittler
Fachtag Kulturelle Bildung und Basale Kompetenzen – vier Workshops
Der Workshop Mathematisch(e) Gestalten: Wie sich Kunst und Mathematik wechselseitig ergänzen, fragte danach, was passiert, wenn Mathematik und Bildende Kunst transdisziplinär gedacht werden? Ingolf Watzlaw, Künstler. und Marius Schönwiese, Fachleiter Mathematik, warfen gemeinsam mit den Teilnehmenden einen Blick in bereits durchgeführte Projekte an der Herbert-Hoover-Schule und das daraus hervorgegangene Vermittlungsmaterial. Sie erkundeten und diskutierten anhand eigener geometrischer Operationen und Experimente wie durch die Überschneidung von mathematischen und künstlerischen Herangehensweisen mathematische Basiskompetenzen anschaulich und erfahrbar werden können.
„Das Tape ist mein Lineal!“ (Teilnehmer:in)
Was hat Spielen mit Lernen zu tun? João Albertini, Theaterpädagoge und Kulturvermittler, nahm die Teilnehmenden in einem zweiten Workshop mit in die aktuelle Ausstellung des Kindermuseums. Hier lernten sie die vier Grundarten des Spiels kennen – Rollenspiel, Regelspiel, Bewegungsspiel, Bauen und Konstruktion – und brachten diese in Beziehung mit kognitiven Basiskompetenzen. Welche Strategien des Lernens sind im intuitiven Spiel angelegt und wie bekommt das Spiel mehr Raum in Lernprozessen?
„Ich durfte eine Stunde spielen, so gut habe ich mich lange nicht gefühlt.“ (Lehrer:in)
Lesen verändert! „Am Ende geht es darum, ein Buch in der Hand zu haben“, Maria Dabow, Bibliothekarin an der Nürtingen-Grundschule und bildende Künstlerin, zeigte den Teilnehmenden in ihrem Workshop wie es möglich ist, Zugänge zu Büchern und Bibliotheken für alle Schüler:innen zu schaffen. Gleichzeitig diskutierten sie, wie eine kritische Auseinandersetzung mit Kinder- und Jugendliteratur in Verbindung mit den Basiskompetenzen Lesen und Schreiben funktionieren kann.
„Ich will das auch alles – dass man Kinder mit nem Lächeln in die Bibliothek reinschickt und sie auch wieder mit einem Lächeln rauskommen.“ (Lehrer:in)
In einem vierten Workshop beschäftigte sich Anna-Sophie Fritsche, Leitung der theaterpädagogischen Abteilung des GRIPS Theaters, gemeinsam mit den Teilnehmenden mit dem Konzept der radikalen Empathie und fragten danach, wie diese im schulischen Kontext geübt werden kann.
„Die Suche nach Highlights lohnt sich – radikale Empathie ist der Weg!“ (Teilnehmer:in)
Fachtag Kulturelle Bildung und Basale Kompetenzen – Manifest
In nur sechs Schritten zum Manifest. Tabea Becher und Elise Leipart, Studierende der TU Dresden, luden zum Abschluss des Fachtags dazu ein, den Vormittag gemeinsam zu reflektieren, das Erlebte und Diskutierte zu bündeln und auf einen vielstimmigen gemeinsamen Nenner zu bringen. In Kleingruppen formulierten die Teilnehmenden Visionen, Überzeugungen und Forderungen für eine Schule der Zukunft.
„Beeindruckend, dass es möglich ist, in 60 Minuten ein Manifest zu erstellen! Es macht Spaß, einen Teil zu einer solchen gemeinsamen Aktion beizutragen.“ (Teilnehmer:in)